MusikTexte 118 – August 2008, 106

Ein neues Transparentpapier

Die Kunststiftung NRW dokumentiert ihre Förderpraxis

von Rainer Nonnenmann

„Tue Gutes – und sprich darüber“. Nach jahrelangem segensreichem Wirken im Hintergrund dokumentiert die Kunststiftung NRW fortan alle zwei Jahre ihre Arbeit in Text und Bild. Das soeben erschienene erste „HausBuch 2006/2007“ der seit 1990 aktiven Landesstiftung ist sowohl ein Rechenschaftsbericht im Sinne einer ausgewählten Chronik als auch ein vollständiger Geschäftsbericht mit ge­nau­en Zahlen zum Stiftungsvermögen und zu allen Projekten, die in den Bereichen Bildende Kunst, Musik, Tanz, Theater und Literatur gefördert wurden.

Der hochwertig aufgemachte Band enthält zahlreiche Fotos, Abbildungen und kurze Selbstdarstellungen oder Interviews, in denen die Akteure der geförderten Projekte Auskunft geben über ihre Kon­zepte, Ziele, Wirkungsabsichten. Eröffnet wird das „HausBuch“ mit einem allgemeinen Essay über Geschichte, Probleme und Chancen der Museen heute unter den Stichworten „Aufklärungsmaschine, Schlachtschiff, Eventkultur“, in dem Thomas Wagner, ehemaliger Kunstkritiker der „Frankfurter Allgemeinen Zei­tung“ und Leiter des durch die Kunststiftung geförderten Museum Morsbroich, überlegenswerte Kernthesen zu Bewahrung, Aneignung und Fortschreibung des kulturellen Gedächtnisses rhetorisch gekonnt variiert und effektvoll mit Zitaten des Pop-Philosophen Peter Sloterdijk garniert.

Bei der Präsentation der Publikation in der Kölner Buchhandlung König, die die Auslieferung übernimmt, nannte der neue Präsident der Kunststiftung NRW, Fritz Schaumann (FDP), auf die Frage, an welche Adressaten sich das Buch richte, sowohl interne als auch externe Zielgruppen. Zum einen richte sich der Band an die eigenen Gremien und Mitarbeiter sowie an die Landes- und Bundespolitik, der gegenüber man die künstlerische Vielfalt Nordrhein-Westfalens und die Leistungen der Stiftung dokumentieren möchte. Zum anderen wende er sich an alle kunstinteressierten Leser sowie die künstlerischen Akteure selbst, die das „HausBuch“ als eine Art Kommunika­tionsmedium untereinander sowie als Informationsmaterial für sich und mögliche andere Antragsteller begreifen könnten.

Die Mittel, die der Kunststiftung NRW zur Verfügung stehen, speisen sich aus den Landeseinnahmen durch „Rubbellos-Lotterie“, „Spiel 77“ und „Oddset Wette“. Das Absacken der Gesamtvergabemittel von über zehn Millionen Euro im Jahr 2006 auf unter sieben Millionen in 2007 geht zurück auf Einbrüche bei den Glücksspiel-Einnahmen im Zuge des neuen Glücksspiel-Staatsvertrags. Etwas aufgefangen werden konnten die Ausfälle laut Generalsekretärin Regina Wyrwoll glücklicherweise durch hohe Jack-Pots, die zu erhöhtem Spielaufkommen und entsprechenden Mehreinnahmen geführt hätten. Insgesamt gefördert werden konnten dreihundertsechzig Projekte im Jahr 2006 und zweihundertsechzehn in 2007. Der Verwaltungskostenanteil der Stiftung von etwa zehn Prozent ergibt sich vor allem durch die Gehälter der zehn Angestellten.

Nach der Bildenden Kunst ist die Musik der zweitstärkste Förderbereich. Mit zwei Komma sieben beziehungsweise zwei Millionen förderte die Kunststiftung während beider Jahre insgesamt hundertzweiundfünfzig Musikprojekte. Zugute kamen die Mittel vor allem Einzelkonzerten, Konzertreihen und Festivals sowie einigen Platten-Produktionen und Stipendien für Nachwuchsmusiker, denen damit insbesondere die Teilnahme an der „Internationalen Ensemble Modern Akademie“ und der „Lucerne Festival Academy“ ermöglicht werden konnte. Die mit Abstand meisten Mittel flossen in die Fortführung der Uraufführungsreihe „musikFabrik im WDR“ (für beide Jahre zusammen eine halbe Million Euro) und für den Schwerpunkt „Luciano Berio: Komponist“ bei der MusikTriennale Köln (einmalig vierhunderttausend Euro). Im Mozart-Jahr 2006 steckte man insgesamt zweihundertfünfzehntausend Euro in zwei Mozart-Konzertreisen, die Produktion der frühen Mozart-Oper „Il re pastore“ beim Bonner Beethovenfest und zwei Mozart-Konzertzyklen, wovon allein die Konzertreihe der Kammerphilharmonie mit wohlklingendem Namen „Ama­dé“ hundertzwanzigtausend Euro erhielt. Ob ausgerechnet das die „herausragenden und innovativen Projekte“ waren, die die Vergabestatuten der Stiftung verlangen?

Kunststiftung NRW, HausBuch 2006/2007, herausgegeben von Fritz Schaumann und Regina Wyrwoll, Düsseldorf 2008.