MusikTexte 128 – Februar 2011, 25–37

Mediales Klangschattenspiel

Der Komponist Jörg Mainka im Zeitalter technischer Reproduzierbarkeit

von Rainer Nonnenmann

Es heißt, dass man in den beiden Zwillingsstädten unmöglich feststellen kann, wer die Lebenden und wer die Toten sind. Italo Calvino 1

Wenn einer ein Bein ab hat und bekommt eine Prothese, da kann die so klassisch sein wie se will, der läuft ja auch keine hundert Meter in zehn ­Sekunden. Ist immer ne Prothese, nie das, was Natur ist. Nuna von den „Drei Rabaue“ 2

Die Produktionskultur früherer Jahrhunderte kannte und schätzte nur die Kunst und Musik ihrer unmittelbaren Gegenwart. Dagegen wurden Werke der Vergangenheit zumeist ignoriert und als geschmacklos oder veraltet abgelehnt. Im Zuge des Historismus des neunzehnten Jahrhunderts und der technologischen Entwicklungen des zwanzigsten Jahrhunderts wandelte sich diese Situation jedoch so grundlegend, dass es schließlich zu einem Paradigmenwechsel kam. An die Stelle der einstigen Produktionskultur trat eine neue Reproduktionskultur. Seitdem wurden die Opernspielpläne und Konzertprogramme in immer stärkerem Maße von Musik des siebzehnten, achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts bestimmt. Heute wird Musik großteils überhaupt nicht mehr live im Konzert gehört, sondern nur noch medial vermittelt. Im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit von Musik ist an die Stelle des gemeinschaftlichen Erlebens musikalischer Kunstwerke bei öffentlichen Kon­zertveranstaltungen der vereinzelte Privatkonsum akustischer Serien- und Industrieprodukte via Radio, Tonträger, Fernsehen, Walkman, Internet, iPod et cetera getreten. Das über Lautsprecher evozierte Abbild von Musik wurde der Musik zur zweiten Natur. Und für die allermeisten Menschen wurde die sonst sekundäre Reproduktion zur musikalischen Primärerfahrung. An die Stelle der Live-Musik trat die Konserve. Viele Musikarten sind ohne elektronische Speicher- und Wiedergabetechnologien überhaupt nicht denkbar: Elektronik, Computermusik und die allermeiste Popmusik sind genuine Lautsprechermusik und hinsichtlich Herstellung, Speicherung und Wiedergabe den elektroakustischen beziehungsweise digitalen Technologien immanent.

Technisch reproduzierte Musik dient zumeist als klingendes Meublement, als Hintergrundberieselung und akustischer Raumbefeuchter. Alle Bereiche des Lebens werden beschallt, vom privaten Wohnzimmer über Küche, Auto, Flugzeug, Fabrik, Büro, Kneipe, Kaufhaus, Bahnhof, Toilette … Musik ist überall und nirgendwo. Egal, was dabei erklingt, es hat eines gemeinsam: Es wird allenfalls beiläufig, zumeist aber überhaupt nicht gehört. Überästhetisierung des Alltags schlägt um in Anästhetisierung, omnipräsente Bedröhnung in Betäubung. Die medial durchdrungene Lebenswelt bildet die Folie, vor der auch die komponierte neue Musik wahrgenommen beziehungsweise von den meisten Menschen eben gerade nicht wahrgenommen wird. Auch die neue Musik arbeitet mit immer weiter perfektionierten digitalen Produktions-, Speicher- und Reproduktionsmitteln. Zuweilen beschwört sie ausdrücklich die allgegenwärtige Verfügbarkeit von Musik aller Epochen, Stile und Weltgegenden. Sofern sich neue Musik als eine Chance sensibilisier­ter Selbst- und Welterfahrung begreift, muss sie auf die gesamtkulturelle Situation reagieren, welche die modernen Informations- und Kommunikationsme­dien maßgeblich bestimmen.

Gewalt der Medien

Künstler stehen heute vor der Auseinandersetzung mit der „Macht der Medien“, namentlich mit der Allgegenwart von Bildern und Musik, mit der Ununterscheidbarkeit von Original und technisch immer weiter perfektionierter Kopie sowie der medialen Meinungsbildung, Aufbereitung und Kanalisierung von Information. Obwohl es sich bei der technischen Produktion, Distribution und Reproduktion von Musik um ein alle Bereiche des Musiklebens umfassendes Phänomen handelt, setzen sich bislang nur relativ wenige Komponisten damit auseinander, als bestünde eine Scheu, diesen längst allseits als selbstverständlich akzeptierten Sündenfall eigens zum Thema zu machen.

Ein Komponist, der sich dieser Herausforderung stellt, ist Jörg Mainka. Zwei Grundkonstanten seines kleinen Œuvres – in den ersten zwanzig Jahren seiner schöpferischen Arbeit entstanden gerade einmal zwanzig Werke – sind der strukturelle Einsatz von Reproduktionstechnologien und die Einbeziehung verschiedenster Musikstile von Klassik und Romantik bis Jazz, Rock, Pop und Filmmusik. Mainkas Stücke beschwören und sprengen die Normen herkömmlicher Instrumental- und Vokalgattungen. Dabei leiten ihn zwei Einsichten. Zum einen: „Machtausübung auf das Individuum erscheint heute als Waffengewalt, wirtschaftliche Gewalt und mediale Gewalt. Die mediale Gewalt hat in unserer Gesellschaft als Mittel der Unterdrückung an Bedeutung sehr stark gewonnen. Die Gestaltungsmittel der Medien sind aber häufig auch die Mittel der Kunst. Das nimmt die Kunst und die Kunsttheorie in die Pflicht, mag Isolation begründen und stellt die Frage nach der Zukunft.“ 3 Zum anderen sagt Mainka von sich selbst: „Ich gestehe, dass ich nach meiner eigenen Einschätzung ein extrem tradi­tionsbezogener Komponist bin. [...] Der Aufbau von Traditionsbezügen und die bestimmte Negation der gerade noch aufgebauten Bezüge war seit jeher ein wesentlicher Motor meiner Arbeit.“4

1962 in Salzgitter-Bad geboren, erhielt Jörg Mainka bereits 1976 ersten Kompositionsunterricht in Heidelberg, wo er im selben Jahr am Kirchenmusikalischen Institut bei Peter Schumann Orgel zu lernen begann. Von 1982 bis 1989 studierte er an der Staatlichen Hochschule für Musik Karlsruhe Orgel bei Hans-Joachim Haarbeck sowie Komposition und Musiktheorie, zunächst bei Eugen-Werner Velte, dann ab 1984 bei Mathias Spahlinger. Von 1987 bis 1990 komponierte er für das Studententheater der Universität Karlsruhe Schauspielmusiken. Mit anderen Komponisten begründete er 1990 die Neue Komponisten Gesellschaft Karlsruhe, als deren Vorsitzender er von 1992 bis 1995 in Zusammenarbeit mit dem Süddeutschen Rundfunk und der Stadt Karlsruhe eine Konzertreihe mit neuer Musik veranstaltete. Von 1992 bis 1994 arbeitete Mainka im Computerstudio der Musikhochschule Karlsruhe sowie am Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe. Von 1988 bis 1995 unterrichtete er selbst Musiktheorie am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Karlsruhe sowie von 1989 bis 1999 an der Karlsruher Musikhochschule. Seit dem Wintersemester 1999/2000 ist er Professor für Analyse zeitgenössischer Musik und Musiktheorie an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin.

Ähnlich Helmut Lachenmann möchte Mainka in seiner Musik sowohl die konkreten mechanisch-energetischen Bedingungen der Klangerzeugung freilegen als auch die historischen Gebrauchsspuren und Konnotationen der Klänge und die damit verbundenen Wahrnehmungsreaktionen bewusst machen. Durch sensibilisierte musikalische Wahrnehmung sollen die Hörer mittelbar auch für die Bedingungen ihrer außermusikalischen Lebenswelt hellhörig gemacht werden. Dazu entwirft Mainka beispielsweise in „Frédéric – ,Nacherzählung‘“ für vier Woodblocks, Klavier und Ensemble (1986) ein Panakusti­kum der klingenden Lebenswelt.5 Die heterophone Fülle unterschiedlichster Musik und Alltagsgeräusche steht in der Nachfolge der Happening- und Fluxus-Bewegung der sechziger Jahre und Mauricio Kagels universalistischem Klangkatalog „Acustica“ (1968–1979). Verwendet werden live gespielte Fragmente von Frédéric Chopins Ballade g-Moll opus 23, Bruchstücke von Walzern und Jazz-Musik sowie per Tonband eingeblendete Melodiefetzen aus Johannes Brahms’ Violinkonzert und der dritten Bühnenmusik aus dem Finale von Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Don Giovanni“. Die Zitate prallen zusammen mit aufheulender Motorsäge, elektrischer Bohrmaschine, sprin­genden Tischtennisbällen, knallender Peitsche, Trillerpfeife, Fahrradklingel, Hupe, Lachsäcken, Kochtöpfen, Elektroquirl, Kaffeedose, Küchenreibe, Blechzuber, klappernden Flaschen, klickernden Murmeln, zerreißendem Papier, Entsetzensschreien, einem als „Riesen-Guero“ geriebenen Lattenzaun oder Bettrost, zufälligen Radioeinblendungen, platzendem Luftballon, geriebenem Sand­papier, ratterndem Photokopiergerät, Vokalaktionen und gesprochenen Fragmenten eines Vortrags über soziale Revolutionen. Die Bezeichnung des Stücks als „Nacherzählung“ bezieht sich zum einen auf die akustische Nach­bildung der Geräuschkulisse des häufig auch musikalisch beschallten privaten und öffentlichen Raums, und zum anderen auf Chopins g-Moll-Ballade, die der Pia­nist als vollständige Interpretation – wie es im Werkkommentar heißt – „geistig und physisch zu ,durchleben‘“ versuchen muss, auch wenn er nur Teile davon tatsächlich spielt.

Auch in „Truck“ für mobiles Ensemble, Tonband und ferngesteuertes Modellauto (1992) frönt Mainka seinem Hang zum Ephemeren. In manchen Abschnitten wird hier zwischen unterschiedlichsten Musikstilen regelrecht hin- und hergezappt. Die Musik wird teils vom Ensemble live gespielt, teils von Tonband wiedergegeben, teils erklingt sie von einem Kassettenrekorder, der auf der Laderampe eines Modell-Trucks um das Publikum herum fährt. Hörbar werden Bruchstücke von Rock- und Pop-Musik, ein Jazz-Saxophonsolo, Free-Jazz-Anklänge, Tonleiterübungen auf dem Klavier, eine barocke Festmusik, Anklänge einer Klaviersonate von Haydn oder Mozart und der Anfang von Beethovens „Eroica“. Die Bestandteile sind zu viele und zu unterschiedlich, als dass sie sich zu einem stimmigen Ganzen fügen.

Über weite Strecken komponiert Mainka uneigentliche Musik über Musik. Er beschwört und unterläuft Erwartungshaltungen, um hinter der reinen Akustik der Klänge die Fülle ihrer außermusikalischen Besetzungen erfahrbar zu machen, ihre Aura, Expressivität, Semantik und mediale Vermittlung. Die Doppelstrategie von Beschwören und Brechen, Aufladen und Leeren vermag für die Diskrepanz zwischen dem akustischen und dem magischen Aspekt von Klang zu sensibilisieren und an den Klängen zu entlarven, was an anderer Stelle im Zusammenhang mit Stücken von Nicolaus A. Huber als der „Als-ob-Charakter“ von Musik beschrieben wurde.6 Ähnlich Huber zeigt Mainka, was die Klänge an sich akustisch sind und was aus ihnen durch jahrhundertelangen Gebrauch gemacht wurde. Auch seine Musik verdeutlicht, dass Klänge nicht an sich beredt, gefühlvoll, ausdrucksstark, ekstatisch sind, sondern dass sie im Lauf der Musikgeschichte immer wieder nur so benutzt wurden, „als ob“ sie es wären, bis sie diese musiksprachlichen Funktionalisierungen als Eigenschaften annahmen, um fortan von Komponisten gezielt in diesem Sinne eingesetzt und von Hörern so verstanden zu werden. Mainka setzt traditionelle Chiffren musikalischen Ausdrucks stets metasprachlich so ein, dass sie gleichsam neben sich zu stehen kommen und sich ironisch selbst kommentieren.

Ein echter Knaller

Das Neunzig-Sekunden-Stückchen „Anschlags-Kultur“ für Klavier, kleine Trommel und einen Darsteller (1986) ist Teil von Mainkas Zyklus „Ein Scherbenhaufen musikalischer Kleinigkeiten“. Die Sammlung entstand 1986/­1987 anlässlich einer Aufführung von Mauricio Kagels „Repertoire“ durch Studenten der Karlsruher Musikhochschule, dem ersten Teil von Kagels Bühnenwerk „Staatstheater“ (1971), in dem fünf Spieler nacheinander hundert kurze Aktionen mit unterschiedlichsten Gegenständen vorführen. In ähnlicher Weise gelangen in Mainkas kurzen theatralischen „Scherbenhaufen“-Miniaturen verschiedene ungewöhnliche Instrumente zum Einsatz. Der Titel des Schluss-Stücks „Anschlags-Kultur“ lehnt sich ebenfalls an Kagel an, insbesondere an den mehrdeutigen Titel von dessen Klavieretüde „An Tasten“ (1977), wo der Pianist siebzehn Minuten lang unentwegt gebrochene Dreiklänge zu spielen hat.

Mainkas Stückchen ist ein „Musikalisches Szenario“ zum Hören, Sehen, Riechen. Es beginnt mit dem Auftritt der drei Mitwirkenden. Während sich Pianist und Schlagzeuger an ihre Instrumente begeben, bleibt ein Darstel­ler – gehüllt in langen grauen Mantel und roten Schal – mit starrem Blick in Richtung Publikum stehen. Mit beiden Händen in den Manteltaschen sieht er aus wie ein russischer Anarchist der vorvorigen Jahrhundertwende. Daraufhin beginnt der Pianist mit akzentvariierten Repetitionen. In unregelmäßigen Kombinationsfolgen von eins zu eins, eins zu zwei, zwei zu eins, drei zu zwei, vier zu eins et cetera schlägt er mit beiden Zeigefingern abwechselnd immer wieder Forte in hohem Tempo ein und dieselbe klirrend hohe Taste g 4 an. Gleichzeitig zieht der Darsteller ein Feuerzeug aus der Tasche und brennt eine gut sichtbar aus einem Metallzuber ragende Zündschnur an. Sofern das Publikum dies nicht bemerkt, wird es durch den wenig später explodierenden Knallkörper überrascht. Sofern es die Aktion jedoch beobachten konnte, worauf es Mainka anlegt, ereignet sich das, was Alfred Hitchcock verschiedentlich als „Suspense“ beschrieben hat:

Ich bin überhaupt ein Freund von Thrillern und Kriminalromanen. Diese Art von Dramaturgie liebe ich. Nun hat sich das aber so niedergeschlagen, dass ich neben der Werkreihe, die sich mit der Reproduktion beschäftigt – und teilweise überschneiden sich die Stücke –, versucht habe, neben der Liebe zum Thriller und Hitchcock, sozusagen als ästhetisches Programm, die Grenze zwischen Konzertstück und szenischer Dramaturgie auszuloten. Damit ist das Thema Dramaturgie auf dem Tisch gewesen. Zwei Beispiele dafür sind natürlich „Anschlags-Kultur“ und „ = 100“, in denen es beabsichtigt ist, wirklich im minimalsten Zeitraum Erwartung aufzubauen und sie irgendwie zu enttäuschen und doch zu erfüllen, also mit diesem Wechsel zu spielen. Das ist bei einer so kleinen Form extrem schwierig. Wenn man es da nicht auf den Punkt bringt, dann ist es nichts. Scheinbar bei den beiden Stücken ist es ganz gut geglückt. Ich habe noch andere Stücke gemacht, wo es vielleicht nicht ganz so gut geglückt ist. Aber das ist etwas, was mich wirklich umgetrieben hat. Das kommt natürlich aus einer bestimmten Tradition heraus, aus der Kagel-Tradition, aus der Tradition von Huber und Spahlinger, in der es einfach erst einmal selbstverständlich war, dass man sich sagte: Da sitzt nicht einfach ein Musiker, der spielt Noten, sondern das ist sofort ein Ereignis. Diese Weisheit hat man mit der Muttermilch eingesogen. Nun hat es mich besonders gereizt, das wirklich einmal – nicht systematisch, aber intensiv – auszuloten in den verschiedensten Formen. Das geht bis hin zu den verschiedenen Arbeiten für das Musik­theater bis hin zu dem großen Musiktheaterstück [Voyeur“ (2003/2004)] für die Stuttgarter Oper.7

Für Hitchcock machte es einen entscheidenden dramaturgischen Unterschied, ob das Kinopublikum von einer versteckten Bombe unter dem Tisch nichts mitbekommt, an dem sich zwei ahnungslose Menschen unterhalten, oder ob es von der Absicht dieses Anschlags weiß: „Im ersten Fall hat das Publikum fünfzehn Sekunden Überraschung beim Explodieren der Bombe. Im zweiten Fall bieten wir ihm fünf Minuten Suspense.“ 8 Im selben Sinn spielt Mainka mit durch Wissen gespannten Erwartungen, deren Ausgang er zunächst offen lässt. In „Anschlags-Kultur“ ist die Dauer des Abbrennens der Zündschnur pyrotechnisch genau berechnet. Sie soll möglichst exakt so lange sein wie der Klavierpart dauert. Wenn die Explosion des Kanonenschlags schließlich die Luft zerreißt, verkehrt sich die pianistische Bedeutung des Titels plötzlich zum Sylvester-Brauch oder ins Politisch-Terroristische. Gemessen an den Klavierrepetitionen ist die Detonation eine regelwidrige, weil außermusikalische Verkehrung der zuvor geweckten innermusikalischen Erwartungen. Der Böllerschlag gleicht dem Kulminationspunkt von Nicolaus A. Hubers „Harakiri“ für kleines Orchester und Tonband (1971), wo nach der fast völligen Ereignislosigkeit eines zehn Minuten gehaltenen Geigentons ein nach so langer Zeit umso suggestiveres Crescendo plötzlich in einen per Tonband zugespielten Donnerschlag samt losbrechendem Platzregen mündet. Wie Hubers „akustisches Provokationsmodell“9 ist auch Mainkas Überbietung der innermusikalischen Logik durch ein außermusikalisches Ereignis geeignet, die Aufmerksamkeit des Hörers auf die von diesem Ereignis durchkreuzten musikalischen Normvorstellungen und Wahrnehmungsmechanismen zu lenken. Insofern ist sein Stückchen bei aller spielerischen, slapstickartigen Leichtigkeit auch ein „Anschlag“ auf die Unkultur eingespielter Hörgewohnheiten.

Zugleich erfüllt die Detonation eine genuin musikalische Funktion. Sie gibt dem Pianisten das Signal, mit seinen Anschlägen auszusetzen, und zugleich dem Schlagzeuger den Einsatz zu einer ebenso dichten Repetitionsfolge auf der kleinen Trommel. Die Tastenanschläge werden zu knallenden Trommelschlägen. Nach etwa zwanzig Sekunden entzündet der Pianist die kurze Lunte von Lady-Crackers und wirft diese in einen zweiten Waschzuber. Mit dem kurz darauf erfolgenden Knattern hält der Schlagzeuger inne. Nach dem letzten Knall stemmt der Pianist mit beiden Armen von der tiefsten Lage aufwärts einen kurzen, knallenden ffff-Cluster auf die Klaviatur. Während sich der Schwarzpulver-Qualm verzieht, hat das letzte Wort ein leiser Des-Dur-Akkord mit Sixte ajoutée, den der Darsteller auf einer alten Philicorda-Heimorgel spielt. Die Stelle hat für Mainka einen biographischen Hintergrund, denn sie wird auf demselben, von Mainka bis heute aufbewahrten Instrument gespielt, auf dem seinerzeit sein Vater Schlager gespielt hat. Die erstmals 1963 von der Firma Philips auf den Markt gebrachte E-Orgel zeichnet sich durch eine Akkord-Belegung der Tasten aus, die selbst bei einfachem Ein-Finger-Spiel komplette Harmoniefolgen ermöglichte und bei Heim- und Alleinunterhaltern schnell weite Verbreitung fand. Am Ende von Mainkas Stück erscheint der tonale Akkord im billigen Elektro-Sound als Inbegriff musikalischen Kitschs, vielleicht auch als Symbol für den täglichen Anschlag des globalen Pop auf die Hörer. Mainkas wendungsreiches Spiel mit den vom Stücktitel „Anschlags- Kultur“ geweckten, enttäuschten, überraschend gewendeten und dann plötzlich übererfüllten Erwartungen eignet bei allen metamusikalischen Hintergedanken auch etwas Clowneskes, Komödiantisches, Anarchisches. Von seiner Leichtigkeit dürfte das Stück jedoch etwas eingebüßt haben angesichts der nach dem 11. September 2001 nicht mehr abreißenden brutalen Anschlags-Serien in Afghanistan, Irak, Israel, Palästina, Pakistan, Tunesien, Russland, Madrid, London, der Türkei …

Periodische Aperiodizität

Die Konfrontation von live interpretierter Musik mit elektronisch reproduzierten und generierten Strukturen gestaltete Mainka erstmals in „ = 100“ für Flöte, Stimme, Schlagzeug, Karnevalströte, Drumcomputer und Zuspielband (1988). Das Stück ist seine erste Auseinandersetzung mit dem Thema Reproduktion, das sein Komponieren fortan bestimmen sollte. Mainka selbst spricht von einer eigenen „Reproduktions-Werkreihe“, die er zwar nicht als solche konzipierte, die aber als thematischer Fokus über fünfzehn Jahre lang seine Arbeit bestimmte.

Zunächst ist der Ausgangspunkt dieser ganzen Werkreihe, die sich auseinandersetzt mit der Reproduktion von Musik auf die verschiedenste Art und Weise, erstmal geschuldet einer Erfahrung, die man heute vielleicht gar nicht mehr so nachvollziehen kann. Die Werkreihe begann für mich in den achtziger Jahren mit dem Stück „ = 100“, in dem die menschliche Wiederholung mit der damals noch mehr oder weniger mecha­nischen und digital unterstützten Reproduk­tion von Klang­ereignissen einfach in einem Konzept zusammengefasst ist. Das Stück wird immer wieder gemacht und es funktioniert immer noch, obwohl die Technik, die damals benutzt wurde, um das überhaupt herzustellen, längst antiquarisch ist. Das war im Grunde das gute alte Tonband nur durch einen Sequenzer unterstützt. Aber damals war es eben schon so, dass man eine Hierarchie von Reproduktionen aufstellen konnte. Das war damals ein Klang, ein Sample von einer Hi-Hat, das einfach immer gleich klingt. Man hört es zwar immer anders – das ist klar –, aber es ist objektiv immer gleich. Und jetzt wird sozusagen eine Stafette aufgebaut: Wir sind damals hingegangen und haben einen Schlagzeuger gebeten, sieben gleiche Schläge auf eine kleine Trommel zu machen, die natürlich – wenn man sie sich anhört – extrem unterschiedlich waren. Eine weitere Schicht in diesem Zyklus bilden diese sieben Schläge, die immer wiederkommen.

Das ist genau die Erfahrung, die uns damals die Digitalisierung von Klängen geboten hat. Wir haben plötzlich auf dem Computer in „Pro Tools“ 10 diese Hüllkurven der Klänge vor uns gesehen, wie die sich unterscheiden, wie sozusagen das grobe Formschema gleich ist, die Details aber unterschiedlich sind. Das war ein Erfahrungsmoment, das mit der damals beginnenden Digitalisierung eingesetzt hat. Dabei ging es nicht nur um die gesellschaftliche Konsequenz, dass jetzt – das gab es ja vorher auch schon – immer und überall Musik spielt, sondern darum, dass jetzt plötzlich die Reproduktion eine für jedermann zugängliche Präzision annimmt, die sich auch richtig auswirkt. Heutzutage habe ich meine Stücke auf der Festplatte. Und wenn ich jemandem eines geben will, dann brenne ich das auf die CD und dann ist das perfekt, wenn die Aufnahme gut ist. Früher hat man von der Langspielplatte eine Kassettenkopie gemacht und dann hat derjenige dem nächsten eine Kassettenkopie gemacht. Dabei wurde die Aufnahme immer schlechter, das heißt der Vorgang des Kopierens wurde akustisch dokumentiert. Das ist hinüber, das gibt es nicht mehr. Also diese Ursprungserfahrung war erst einmal Ausgangspunkt der Reihe. Und dann wurde das auf die verschiedensten Weisen reflektiert. Mittlerweile ist das fast schon wieder überholt, weil wir jetzt so selbstverständlich mit diesen Reproduktionsmedien umgehen, auch mit den digitalen, dass diese Ursprungserfahrung kaum noch nachvollbar ist. Aber das war der Ausgangspunkt.

In „ = 100“ bestehen die ersten hundertsieben von insgesamt hundertzweiunddreißig Takten aus einer durch­gehenden Sechzehntelfolge im Dreiviertelmetrum. Zu hören sind bei der im Titel genannten Tempoangabe folglich vierhundert Impulse pro Minute beziehungsweise 1284 Impulse während der ersten gut drei Minuten des lediglich vierminütigen Stücks. Die fortlaufende Pulsa­tion setzt sich aus zehn verschiedenen und jeweils unterschiedlich häufig auftretenden Klanger­eignissen zusammen. Drei Klänge werden von einem vorproduzierten Tonband zugespielt und sind jedes Mal mit sich identisch: ein computergenerierter Hi-Hat-Schlag absolut regelmäßig jeden Takt auf Zählzeit eins; ein im Frequenzspektrum periodisch verändertes farbiges Rauschen alle drei Takte auf ständig wechselnden Zählzeiten; und sieben zuvor aufgezeichnete, möglichst gleiche Snaredrum-Schläge eines Schlagzeugers ebenfalls alle drei Takte auf variierenden Zählzeiten. Außerdem ertönt von Tonband in den Takten 10 bis 14 billiges Melodiegeklingel wie von einem Geldspielautomaten oder Flipper. Das schrille Gedudel setzt den Sechzehntelpuls bruchlos fort, hebt ansonsten aber den permanenten Wechsel der Klänge einen Moment lang auf. Mit Hilfe einer Klickspur auf dem Zuspielband wird das ganze Geschehen synchronisiert.

Alle anderen Klänge stammen von den drei Live-Musikern und erscheinen folglich jedes Mal geringfügig anders. Manche Klänge treten über sechshundert Mal auf, andere ereignen sich während des gesamten Stücks nur ein einziges Mal. Der Flötist bläst fünf bis sechs Mal pro Takt aus einigen Zentimetern Entfernung in sein Instrument, so dass leicht tonhöhengefärbte Blasgeräusche und eine Art Grundpulsation entstehen. Damit verwandt stößt die Sängerin in der Regel vier Mal pro Takt Keuchlaute aus. Auf diese Weise bis an die Grenze ihrer Kräfte gezwungen, moduliert sie den Klängen eine „einmalig individuelle ,Menschen-Klangfarbe‘“ auf, wie sie ganz ähnlich auch Nicolaus A. Huber in einigen Stücken provoziert, indem er den Musikern beispielsweise zusätzliche körperliche Anstrengungen abverlangt, Kniebeugen, Mus­­kel-Posen oder Blockflöten als ständige Knebel im Mund.11 Darüber hinaus hat die Sängerin alle fünfzehn bis sechzehn Takte ein kurzes Abwärtsglissando vom Spitzenton gis 2 aus zu singen und über die Gesamtstrecke der Pulsation gleichmäßig verteilt in den Takten 34, 79 und 105 die Worte „Lust“, „Schluss“ und „still“ zu sprechen.

Als Pendant zu den vom Tonband zugespielten Trommelschlägen spielt der Schlagzeuger alle zwei Takte auf unterschiedliche Zählzeiten die Snaredrum. Hinzu kommen schließlich zwei singuläre Ereignisse in Takt 90: das Zerbrechen einer Holzlatte und das Durchstechen eines aufgespannten Papierbogens. Beide Aktionen sollen exakt synchron erfolgen anstelle einer Sechzehntel-Generalpause, die sonst an dieser Stelle periodisch alle fünf Takte die Impulsfolge unterbricht. Obwohl es die beiden ungewöhnlichsten und seltensten Aktionen sind, treten sie erstaunlicher Weise kaum deutlicher in Erscheinung als die ständig wiederkehrenden Klänge, denn durch ihre exakte Einpassung in das strikte Sechzehntelraster sind sie gewissermaßen uniformiert und allen anderen Aktionen gleich gemacht. Ähnliches vollzieht sich im zweiten Teil „unendlich viele zeitpunkte“ von Mathias Spahlingers „gegen unendlich“ für Bassklarinette, Posaune, Violoncello und Klavier (1995).

Die an sich simple Reihung der verschiedenen Impulse bewirkt ein komplexes wahrnehmungspsychologisches Spiel. Die mehrmals in jedem Takt wiederholten Atem- und Blasaktionen entfalten zunächst das größte musikalische Gewicht und ziehen die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Je öfter sie jedoch auftreten, desto stärker entqualifizieren sie sich zum bloßen Hintergrundrhythmus, vor dem sich dann die selteneren Ereignisse abheben. Der Hörer kann so die Gesetzmäßigkeiten seines eigenen Hörens beobachten: Zunehmende Häufigkeit führt zu abnehmender Aufmerksamkeit, abnehmende Häufigkeit dagegen zu wachsender Sensation. Mathematisch ausgedrückt bedeutet das: Die Ereignisqualität einer Aktion verhält sich umgekehrt proportional zur Quantität ihres Auftretens. Singuläre Aktionen haben demnach den höchsten Ereignischarakter, während sich ständig wiederkehrende Klänge zur gleichförmigen Folie neutralisieren. Zugleich werden die seltenen Klänge im monotonen Raster aber auch vom Hörer als bloße Pulse wie alle anderen zurechtgehört, so dass sich die Aufmerksamkeit vor allem auf die stereotype Schlagfolge als dem größ­ten gemeinsamen Nenner aller Ereignisse richtet und nicht auf das, was dabei tatsächlich im Einzelnen erklingt.

Der Widerstreit zwischen periodischem Puls und aperiodischen Klangereignissen führt zu wechselseitig sich überlagernden Höreindrücken. Zum einen wird die Wahrnehmung durch die hohe Pulsgeschwindigkeit geblendet und gleicht der uniforme Rhythmus die Klänge einander an, so dass sie nicht klar identifiziert und trotz ihrer Verschiedenheit kaum auseinanderzuhalten sind. So werden beispielsweise die alle fünf Takte auftretenden Sechzehntel-Pausen kaum als solche bemerkt. Als Glieder der durchgehenden Impulskette werden selbst diese „Lücken“ als Impulse zurechtgehört beziehungsweise unwillkürlich gefüllt. Zum anderen provozieren die ständigen Klang- und Einsatzwechsel aufführungspraktische Schwankungen. Das hohe Tempo, die große Verschiedenartigkeit und das ständige Alternieren der Klänge auf zumeist unterschiedliche Sechzehntel-Zählzeiten sorgen für kleinere oder größere Abweichungen der Musiker vom rhythmischen Gleichlauf und den exakten Repetitionen des Zuspielbands. Die individuelle, menschliche Färbung der Live-Musiker kollidiert mit dem rhythmischen Gleichmaß, das in unerbittlicher Regelmäßigkeit vom Computer getaktet wird.

Die hohe Geschwindigkeit und Impulsdichte lassen das fortwährende Pusten des Flötisten sowie das Keuchen und schnelle Ausstoßen versprengter Wörter der Sängerin gehetzt wirken. Die jauchzenden oder stöhnenden Glissandi der Vokalistin verstärken den Eindruck einer zwar mechanischen, aber ausgesprochen körperlichen, vielleicht sogar lustvollen Raserei. Während der ersten drei Minuten baut die Musik eine Spannung auf, die dann jedoch nicht zu einem wie auch immer gearteten Höhepunkt führt. Stattdessen bricht der obligate Rhythmus im letzten Viertel des Stücks plötzlich ab. An seine Stelle treten kontinuierliche Klänge: durchgehende Tonfolgen des Flötisten, in der Singstimme die Melodiezeile „Ich träumte von Lieb’ um Liebe“ aus dem Lied „Frühlings­traum“ von Franz Schuberts Zyklus „Die Winterreise“ und im Schlagzeug Triller und Wirbel. Hinzu kommt die Aufhebung des bisherigen Geschehens durch einen vierten Aufführenden, der einstweilen die ganze Zeit über tatenlos, für das Publikum aber gut sichtbar neben dem Trio stand. Erneut arbeitet Mainka mit Überraschung und Suspense. Mit dem sichtbaren Auftritt des stummen Akteurs steht von Anfang an fest, dass er irgendwann auch zum Einsatz gelangen wird. Fraglich bleibt nur wann und wie. In Takt 120 zieht er schließlich eine Karnevalströte hervor und bläst als viertaktiges Solo einen einzigen langen Ton. Der ordinäre Klang und unvermutete Einsatz des Scherzartikels setzt sämtliche bisherigen szenischen und musikalischen Kategorien des Stücks außer Kraft und streckt in Gestalt der beim Blasen ausrollenden Papierzunge dem solcherart in die Irre geführten Publikum hämisch die Zunge heraus.

Als Überraschung – statt Suspense – funktioniert dagegen in den letzten Takten der Einsatz eines Drumcomputers, der konsequent gegen den Live-Schlagzeuger versetzte Sounds produziert, über die der leibhaftig auf dem Podium anwesende Schlagzeuger gar nicht verfügt. Hör­bare Klänge und sichtbare Aktionen fallen auseinander. Der sonst selbstverständliche Kausalzusammenhang von Ursache und Wirkung, den die Tonbandzuspielungen zu­vor längst in Frage gestellt haben, wird endgültig gesprengt, um abschließend noch einmal die Diskrepanz zwischen der maschinenhaften Exaktheit der Produktions- und Reproduktionsmedien sowie der Individualität der ausführenden Musiker als dem einzig Lebendigen in dieser ansonsten toten Fließbandmusik zu verdeutlichen.

Nachdem man zuvor etwas über drei Minuten lang diese Repetitionsstruktur in den verschiedenen Häufigkeiten hat – bei der Sängerin eben so, dass sie mit dem Hecheln am Rande der Hyperventilation sich bewegt, also wirklich an die Grenzen des Machbaren geht –, mündet das Stück dann in eine Phase, in einen zweiten Teil könnte man sagen, in dem alle Klänge, die vorher in diesem rigiden Raster sich bewegt haben, losgelassen werden auf die verschiedensten Arten und Weisen: Das Becken darf jetzt wirklich mal als Becken klingen, die Sängerin darf auch mal eine Melodiephrase singen, und was alles da eben plötzlich in äußerst gedrängter Form möglich wird. Nun gibt es ja noch diese Tröte, die dann da hinein trötet. Die ist eigentlich entstanden aus der Tatsache, dass ich mich nicht wirklich für einen Schluss entscheiden konnte. Bei einem so langen prozessualen Stück ist der sozusagen naheliegendste Schluss: Es läuft irgendwann aus. Der typische Schluss eines Prozesses ist ja der, er wird irgendwo geschnitten und zwar immer da, wo man es nicht erwartet, weil er syntaktisch nicht vorbereitet ist.

In dem Fall konnte ich mich nicht wirklich für eine Schlussform entscheiden. Deswegen markiert die Tröte einen Nullpunkt, wo man sagt, jetzt kommt noch einmal ein zweiter Anlauf zu einem Schluss. Der erste Schluss lässt die Ereignisse frei, der zweite fängt sie wieder ein. Und der Drumcomputer ist natürlich jetzt nicht nur eine rhythmische Repetitionsstruktur, sondern mit diesen verschiedenen Klängen – Bass­drum, Snaredrum, Hand Clapping und so weiter – eine rhythmische Struktur, die total mechanisch abläuft. Plötzlich müssen die Mitwirkenden das, was sie gerade freigelassen haben, wieder in dieses Korsett zwingen. Das ist natürlich der Moment, wo in der Gegenüberstellung mit den kurzen Aktionen der Instrumentalisten noch einmal versucht wird, das ganze Prinzip des Stücks einzufangen.

Bild im Bild

Ein hyperkomplexes Spiel mit Wirklichkeits-, Material-, Darstellungs- und Wahrnehmungsebenen ist Mainkas „,La condition humaine‘ aus dem Blickwinkel eines rotierenden Tonkopfes“ für Ensemble, [Sprecher], digitales Tonband und [fakultative] Videoinstallation (1989/1990). Uraufgeführt wurde das multimediale Spiegelkabinett zum Abschluss von Mainkas Studium an der Karlsruher Musikhochschule von einem Studentenensemble unter der Leitung von Peter Eötvös. Der Untertitel des Stücks bezieht sich sowohl bildlich auf den Komponisten, der die Töne in seinem Kopf hin- und herwägt, als auch technisch auf ein frühes digitales Speicherverfahren aus der Zeit vor dem Hard-Disk- und Festplatten-Recording, als Musik mit Hilfe eines Tonkopfs gespeichert wurde, der mit hoher Geschwindigkeit gegen die Laufrichtung eines Tonbandgeräts oder DAT-Rekorders rotiert, um die im Vergleich zur Analogtechnik ungleich größere digitale Datenmenge schneller verarbeiten zu können.

Der französische Haupttitel „La condition humaine“ verdankt sich René Magrittes gleichnamiger Gemäldeserie von 1933. Auf deren erstem Bild ist eine Staffelei mit dem Gemälde eines Ausschnitts eben derjenigen Gartenlandschaft zu sehen, die sich hinter der Staffelei draußen vor dem Fenster öffnet und deren Ausschnitt vermutlich durch eben den Teil verdeckt wird, der auf dem Bild zu sehen ist. Magrittes Bild zeigt also die Abbildung der Wirklichkeit als Bild im Bild, die in die ihrerseits gemalte Bildwirklichkeit nahtlos übergeht. Statt einfach ein traditionelles Landschaftsgemälde zu malen, zeigt der belgische Surrealist das Malen jener von ihm gemalten Landschaft. Der eigentliche Inhalt seines Kunstwerks ist das Malen selbst, die Selbstreflexion des künstlerischen Mediums und der in der Moderne problematisch gewordenen Abbildfunktion der bildenden Kunst. Mit der Ostentation des Abbildcharakters problematisiert Magritte den Wirklichkeits- und Selbstbezug von Malerei. Er vollzieht damit einen Schritt auf eine Metaebene, den die neuere Literatur- und Kunsttheorie als „semiotische Wende“ beschrieben hat: die Abwendung von der Darstellung traditionell semantischer Bedeutungen und außerkünstlerischer Inhalte zugunsten der Darstellung des Kunst- und Zeichencharakters selbst. Obwohl Ma­gritte eine Landschaft zeigt, tritt beim Betrachten seines Bilds an die Stelle des „Bezeichneten“ das metaperspektivische Betrachten des „Bezeichnens“ selbst.12

Mainka wählte Magrittes Gemälde „La condition humaine“ nicht nur als Titel für sein Stück, sondern auch als Bildmotiv für das Cover seiner Porträt-CD in der Reihe „Edition Zeitgenössische Musik“ des Deutschen Musikrats.13 Er thematisiert damit dreierlei: die Porträtierung seines Schaffens auf CD; den Abbildcharakter jeder Form von technischer Reproduktion; und die für sein Schaffen charakteristische Substitution direkter Mitteilung durch die metasprachliche Mitteilung über die Art und Weise des Mitteilens selbst. Statt mit musikalischen Mitteln bestimmte affektive Wirkungen und Assoziationen auszulösen, wie sie die barocke, klassische und romantische Tradition beabsichtigten, bezieht Mainka eine uneigent­liche Perspektive, um Musik als historisch gewachsenes Sprachsystem gestischer, syntaktischer und formaler Darstellungsfunktionen wahrnehmbar zu machen. Statt Musik „nur“ zu hören, soll der Hörer – gemäß Magrittes sichtbar gemachtem Malen des Malens – zugleich die Bedingungen des eigenen Musikhörens hören. Helmut Lachenmann formulierte es so: „Der Gegenstand von Musik ist das Hören, die sich selbst wahrnehmende Wahrnehmung.“ 14

So wie Magritte mit der Deckungsgleichheit von Bildausschnitt und Abbildungsgegenstand das zweidimensio­nale Flächenmedium Malerei thematisiert, problematisiert Mainka den linearen Verlauf des Zeitmediums Musik durch akustische und visuelle Aufzeichnungs- und Re­produktionsgeräte. Magrittes Bild suggeriert durch die gemalte Zentralperspektive zwar Tiefe, verhindert wegen der Unverrückbarkeit dieser Perspektive aber den Blick hinter das Bild im Bild auf die in diesem Bild abgebildete Landschaft. Analog dem Wunsch, einmal hinter die Leinwand auf der Leinwand zu blicken, löst Mainka die Klänge des Ensembles durch digitale Reproduktionsverfahren von ihrer hör- und sichtbaren Entstehung ab.

Es geht um die Wahrnehmung, sozusagen um eine Refle­xion der zweiten Art, um den Beobachter des Beobachters. Es gibt inzwischen eine Reihe von Schlagworten dafür in der Systemtheorie, oder von Spahlinger das Chorstück mit dem schönen Titel vom Ozean und der Welle und sie anhalten …15, also über die Wahrnehmung selber noch einmal nachzudenken. Das macht dieses Bild auf eine ganz einfache Art und Weise, indem es das Verhältnis von Wirklichkeit und wahrgenommener Wirklichkeit durch das menschliche Bewusstsein – das ja nie die Wirklichkeit kriegen, sich ihr nur annähern kann –, indem es die eigene Wahrnehmung ins Verhältnis setzt zur scheinbaren Wirklichkeit und sich daran abarbeitet. Das ist der Hintergrund. Ein Moment dieser Reflexion bot damals – auch heute noch, damals aber vielleicht noch auf eine aufregendere Art und Weise – die Auseinandersetzung mit der Reproduktionstechnik, die es ja noch einmal auf eine ganz andere Art und Weise erlaubte, sich darüber klar zu werden, auch über das Risiko der Live-Aufführung und die Langeweile der Konserve, verbunden aber doch auch mit dem unglaublichen Reiz, dass die Konserve eben immer so ist, wie man sie haben will. Wenn man eine Lieblingsplatte hat oder eine Lieblings-CD – die dann noch nicht einmal beschädigt wird durch das viele Hören –, dann hat man irgendwann bestimmte Wendungen in einem Lieblingsstück so drin oder ein bestimmtes Tempo von einem bestimmten Dirigenten, dass man da gar nicht mehr davon herunterkommt. Früher gab es das einfach nicht, da wurde das Musikstück jedes Mal anders gemacht. Wenn man das jetzt auf die Details anwendet, dann fängt man an, über Notation nachzudenken, über die Frage der Aufführung, der Spieler und was das für Konsequenzen hat. Und das hat eben Konsequenzen für eine ganze Konzeption vom Stück in der neuen Musik. Das bündelt sich in dem Bild von Magritte.

Konzipiert hat Mainka sein Stück als vieldimensionale mediale Reizüberflutung. Die Überinformation und das hohe Schnitt-Tempo des lediglich neunminütigen Stücks wirken wie ein auf die Bühne gebrachter Videoclip. Mainkas Beschreibungen des dafür nötigen technischen Aufbaus nehmen in der Partitur gut zehn Seiten in Anspruch und bestätigen auf den ersten Blick altbekannte Klischees, neue Musik sei hermetisch, intellektualistisch, verkopft, technizistisch, konstruiert, gesucht. Zum fast zwanzig Musiker starken Ensemble tritt ein digitales Fünfspurtonband mit zeitlich und klanglich exakt vorgeschriebenen Zuspielungen vorproduzierter Ereignisse, deren medialer Charakter durch Manipulationen mittels Sample­technologie verdeutlicht ist: Klangfarbenmodulationen, Überlagerungen, Echoeffekte, Schnitte, Umstellungen, Dehnungen, Transpositionen, Rückwärtsläufe und Verhallungen von einer halben Sekunde bis zum maximalen Nachhall von über einer halben Minute.

Die elektronisch bearbeiteten Zuspielungen schaffen immer wieder surreale Situationen. Im Fermatentakt 54 klingt beispielsweise ein einzelner Schlag auf der kleinen Trommel siebenunddreißig Sekunden lang nach wie in einem bodenlosen Schacht oder endlosen Tunnel. In den Takten 36 bis 37 und 45 bis 49 kollidieren reale Klavieranschläge mit rückläufig abgespielten Klavierklängen vom Band. Während sich Tonhöhe, Dauer und Farbe der Klänge entsprechen, kehren sich Artikulation und insbesondere Einschwingvorgang und Dynamikverlauf wie bei einem akustischen Negativ um. Statt wie gewöhnlich zu diminuieren, vollziehen die Klavieranschläge unwirkliche Crescendi. Das Reproduktionsmedium manipuliert also nicht nur reale Klänge, denen gegenüber sich die reproduzierten wie unselbständige Surrogate oder Abbilder verhalten. Es schafft darüber hinaus auch eine völlig neue, eigene Klangwelt, die zwar ausschließlich medial existiert, deswegen aber nicht minder real ist. Dem leibhaftig auf der Bühne präsenten Ensemble steht sein Simulacrum als virtuelles Ensemble gegenüber, mit teils gleichen, teils ähnlichen, teils völlig verschiedenen Eigenschaften: ein musikalisches Chamäleon. Den Part des künstlichen Tonband-Ensembles hat Mainka der Übersichtlichkeit halber in der unteren Hälfte der Partitur notiert. So spiegelt allein schon das Notenbild das Verhältnis zwischen dem lebendigen Ensemble und seinem mit komplett anderen Eigenschaften ausgestatteten medialen Doppelgänger (siehe Beispiel auf der nächsten Seite).

Ein mögliches Motiv für Mainkas reflexiven Zugriff auf Musik und Musikhören liefert vielleicht der Umstand, dass er Musiktheoretiker ist. Von seinen über zwanzig Vorträgen und Radiosendungen hat er bis dato allerdings nur wenige veröffentlicht, so als scheue er davor zurück, seinen musiktheoretischen Reflexionen das Gewicht des gedruckten und vervielfältigten Worts zu ver­leihen, weil dies nur noch die von ihm losgelöste Schwarz-Weiß-Abbildung seiner ursprünglichen Gedanken wäre. Eben dieses Verhältnis von primärem Denken und verbalisiertem Gedachten reflektiert Mainka in „La condition humaine“ durch zwei Textzitate. Per Tonband zugespielt werden Aufnahmen eines gesprochenen, gefilterten, verhallten und verrauschten Ausschnitts aus Samuel Becketts Drama „Endspiel“ sowie eine Passage aus Robert Musils großem Romanfragment „Der Mann ohne Eigenschaften“. Mit Delays von siebzig bis hundertdreißig Millisekunden wird die Sprechstimme teils bis zur Unverständlichkeit verzittert. Inhaltlich liefern beide Textzitate eine poetische Reflexion der vieldimensionalen Konstellation von Mainkas Stück. Beide Textpassagen unterstreichen die Subjektivität und Perspektivabhängigkeit jeder Art von Wahrnehmung und den Umstand, dass jede Übersetzung von einem Medium in ein anderes das Wesen des Übersetzten verändert und letztlich etwas Neues schafft.

Becketts einsilbiger Dialog zwischen den Bühnenfiguren Nell und Nagg macht deutlich, dass die Sehkraft des einen und die Hörfähigkeit des anderen – aufgrund welcher Ereignisse auch immer – gelitten haben, ohne dass beide in der Lage wären, dies am jeweils anderen festzustellen: „Nagg: Siehst du mich? / Nell: Schlecht. Und du? / Nagg: Wie, bitte? / Nell: Siehst du mich? / Nagg: Schlecht. / Nell: Umso besser, umso besser …“ In Musils Romanfragment wird dagegen im achtundzwanzigsten Kapitel – „Ein Kapitel, das jeder überschlagen kann, der von der Beschäftigung mit Gedanken keine besondere Meinung hat“ – darüber reflektiert, dass sich nur verbalisierte Mitteilungen eines Gedachten kommunizieren lassen, nicht aber das Denken selbst. Ein fertiger Gedanke hat nicht mehr die Form des Denkens, wie der Denkende es augenblicklich erlebt, sondern die eines nach außen gewandten, für die Welt formulierten, hergerichteten und damit immer schon vergangenen Gedachten. Dem in Takt 111 einsetzenden Musil-Text korrespondiert im Ensemble eine mit Sextolen- und Zweiunddreißigstel-Floskeln stark bewegte, aber um sich kreisende und in ihrer äußeren Gesamttextur letztlich statische Musik.

Für szenische Aufführungen von „La condition humaine“ schreibt Mainka ­eine theatralische Dimension samt Videoinstallation vor. Dazu ist als Entsprechung zur Sprechstimme vom Ton­band ein Live-Sprecher so in einer schwarzen Kiste zu plazieren, dass beim Öffnen einer Klappe – die mittels eines über Seilwinden laufenden Bindfadens vom dritten Schlagzeuger bedient wird – nur der Kopf des Sprechers zu sehen ist. Hinzu kommt eine Sprecherin, die diesen Bindfaden kurz vor Schluss des Stücks durchschneidet, so dass die Klappe lautstark zuschlägt: Klappe zu, Stück aus! Klappe und fallweise dahinter sich zeigender Sprecher werden mit Videokamera gefilmt und in Großaufnahme live auf einem Bildschirm gezeigt. Das denkende und sprechende Subjekt in der Black Box erscheint durch diese mediale Verdopplung als szenisches Sinnbild der Überlegungen Musils: Drinnen denkt es, draußen ist nur die Versprachlichung des Gedachten zu hören. Zudem erinnert die Szenerie an Samuel Becketts Monodram „Not I“, einem sogenannten „face-play“, also einem reinen Gesichts-Stück, bei dem die einzige Bühnenfigur mit sprechendem Namen „Mouth“ jede Form sprachlicher Kommunikation in einen permanenten Redeschwall auflöst.

Neben dem Live-Video gibt es zwei vorproduzierte Videos, die ab Takt 58 beziehungsweise 62 mit dem Tonbandgerät synchronisiert gestartet werden. An genau vorgeschriebenen Stellen wird das erste vorproduzierte Video in das auf dem Bildschirm gezeigte Live-Video geschnitten. Zu sehen sind darauf drei Sequenzen: wie beim Abspann eines Films der ab Takt 111 zunächst vom Tonband zu hörende, dann auch vom Live-Sprecher verlesene Text aus Musils Roman; eine Aufnahme der Bühne mit voller Konzertbeleuchtung, auf der „La condition humaine“ gerade aufgeführt wird, aber ohne Bestuhlung, Ensemble und Technik. Die zunächst statische Einstellung beginnt schließlich zu rotieren, indem sich die Kamera einmal um die eigene Achse dreht, so dass der Reihe nach Decke, Rückwand, Boden und wieder die Bühne des Saals zu sehen sind. Die dritte Videosequenz zeigt den Kopf des Sprechers ohne Ton, mal mit geschlossenem Mund, mal mit deutlichen Mundbewegungen, teils synchron, teils asynchron zum von Band abgespielten Sprechtext.

Das zweite vorproduzierte Video wird auf Leinwand projiziert. Es zeigt statische Ausschnitte aus Musils Text, die nacheinander eingeblendet werden, sowie eine einminütige Kamerafahrt durch einen großen Saal auf eine Guckkastenbühne zu, auf der eine szenische Adaption von Theodor Storms Märchen „Der kleine Häwelmann“ sichtbar wird, bei der der kleine Junge in Gestalt der im Stück beteiligten Sprecherin in einem Rollenwägelchen zwischen Kinderzimmer-Requisiten herumfährt. Anschließend zoomt die Kamera auf den am Bühnenrand stehenden Sprecher, der eine illustrierte Buchausgabe von Storms Märchen in Händen hält, aus der die Kamera schließlich in Großaufnahmen einzelne Zeichnungen erfasst. So wie der kleine Häwelmann in seinem Wägelchen durchs Zimmer, die Wände hinauf und über die Decke fährt, dann auch durch Straßen, Stadt, Wald und quer über den nächtlichen Sternenhimmel, zeigt der Film eine traumwandlerische Fahrt durch vielfach ineinander gestaffelte Medien, Realitätsebenen und Abbildungsverhältnisse. Im Gegensatz zur nächtlichen Märchenreise führt hier die Fahrt in umgekehrter Richtung vom Großen ins Kleine: vom großen Theatersaal auf die Bühne, zur darauf stattfindenden Märcheninszenierung, zur Buchvorlage des Märchens und schließlich in eine einzelne Buchillustration.

Unterbrochen wird die Kamerafahrt von drei Einblendungen: der Bühne mit dem fahrenden Wägelchen aus der Vogelperspektive; dem daneben stehenden Sprecher aus der Froschperspektive; und einer Großaufnahme beider Protagonisten. Die zusätzlichen Ansichten schaffen eine bildliche Entsprechung zum Kameraschwenk des ersten Videos, nur mit vertauschten Perspektiven. Während sich dort die Kamera um die eigene Achse dreht, rotiert die Kamera des zweiten Videos in großem Bogen um die erste Kamera, als hinge sie an eben der Decke oder läge sie auf eben dem Boden, wie sie im Film der ersten Kamera zu sehen sind. So wird das Geschehen auch optisch – wie Mainka im Untertitel schreibt – „aus dem Blickwinkel eines rotierenden Tonkopfes“ von allen Seiten beleuchtet. Zudem schafft die Kreisfahrt ein visuelles Pendant zu der in Großaufnahme eingeblendeten Textstelle, in der es bei Storm über den die Wände und Decke entlang fahrenden Knaben heißt: „Es war ein großes Glück für den kleinen Häwelmann, dass es gerade Nacht war und die Erde auf dem Kopf stand; sonst hätte er doch gar zu leicht den Hals brechen können.“

Die ineinander verschachtelten optischen Darstellungs-, Abbildungs- und Wahrnehmungsebenen verlaufen synchron oder asynchron mit den szenischen und akustischen Ebenen des Stücks. So entstehen permanent mehrdimensionale Verflechtungen, Konfrontationen und Strukturparallelen zwischen Raum und Zeit, Bild und Klang, Text und Sinn, Jetzt und Erinnerung. Jede Darstellungsebene existiert in zwei medialen Varianten. Es gibt sowohl fixierte als auch bewegte Bilder, sowohl gesprochene als auch geschriebene Texte, sichtbares und unsichtbares Sprechen, stummes und hörbares Artikulieren, live gespielte und technisch reproduzierte Klänge. Alles zusammen bietet genug Stoff zur – wie Mainka im Werkkommentar schreibt – „Reflexion über das ästhetische Medium selbst, über den festgehaltenen, der Dimension Zeit enthobenen Betrachtungs-Augenblick“.

Alle Gestaltungsmomente von „La condition humaine“ dienen letztlich der Darstellung und Erfahrung eben jener im Titel genannten Conditio humana. Gemäß dem Principio individuationis ist jede menschliche Existenz an eine bestimmte raum-zeitliche Perspektive gebunden. Gleichzeitig zeichnet sich der Homo sapiens sapiens gerade dadurch aus, dass er seine beschränkten Sinne und natürlichen Wahrnehmungsgrenzen mit der Erfindung von Werkzeugen zu überwinden vermag. Mit den modernen Aufzeichnungs-, Speicher- und Wiedergabetechnologien hat er sich nicht nur probate Prothesen zur Erweiterung seiner limitierten Möglichkeiten der Wahrnehmung von Raum und Zeit geschaffen, sondern eine ganz eigene, medial vermittelte Welt und Wirklichkeit. Im Medienzeitalter ist die Condition humaine eben eine völlig andere als noch zu Zeiten von Platon, Augustinus, Rousseau, Kant, Proust, Bergson oder Magritte.

Allegorie der Reproduktionskultur

Produktion und Reproduktion von Musik kollidieren auch in „Mitschnitt“ für vier Violoncelli, zwei Schlagzeuger und Tonbandschleife (1994). Die Konzeption des Stücks verdankt sich Mainkas Beschäftigung mit dem kanadischen Komponisten und Konzeptkünstler Alvin Lucier, über den er 1995 für das DeutschlandRadio Berlin eine Porträtsendung mit dem Titel „Nothing is Real“ produzierte. Sein eigenes Stück komponierte er für das achte Konzert der von ihm mitbegründeten Neuen Komponisten Gesellschaft Karlsruhe. Unter dem Veranstaltungs­titel „Alvin Lucier – Nothing is Real“ sollten bei diesem Konzert verschiedene Formen der ästhetischen Reflexion mechanischer Reproduktion thematisiert werden.

Besonders intensiv beschäftigte sich Mainka mit Luciers Stück „I am sitting in a room“ für Stimme auf Tonband (1969), bei dem die elektroakustischen Speicher- und Wiedergabemittel als genuin musikalische Produk­tionsmittel eingesetzt werden. Lucier zeichnete hier einen von ihm gesprochenen Satz auf Tonband auf, der eben den Prozess beschreibt, der sich dann während des Stücks tatsächlich mit diesem Satz ereignet. Die Wiedergabe des aufgezeichneten Satzes wird abermals aufgezeichnet, um auch diese Aufzeichnung erneut wiederzugeben und wieder aufzuzeichnen et cetera. Im Laufe von bis zu zweiunddreißig Aufnahme-Wiedergabe-Vorgängen schreiben sich die akustischen Eigenschaften des Raums mit Nachhall, Dämpfungen, Brechungen und Echos sowie die Eigenschaften der verwendeten Aufnahme-, Speicher- und Wiedergabegeräte immer stärker in den ständig abgespielten und wieder aufgezeichneten Satz ein. Dabei verlieren die Sprachlaute von Mal zu Mal ihre Verständlichkeit, bis sie schließlich zu reinem Klang werden. Lucier demonstrierte so den manipulativen Einfluss der Medien auf die von ihnen vermittelten Inhalte, wie ihn zeitgleich der populäre Medientheoretiker Marshall McLuhan mit seiner These „The medium is the message“ beschrieben hatte.

Wie Luciers berühmte Konzertinstallation arbeitet auch Mainkas „Mitschnitt“ mit Bandschleifen. Allerdings wird die Reproduktionsspirale hier nicht so weit getrieben, dass sich der Raum der Aufführung des Stücks und die verwendete Aufzeichnungstechnologie hörbar in die Bandschleifen einschreiben. Nachdem eine Bandmaschine die live gespielte Musik der sechs Instrumentalisten eine Minute lang mitgeschnitten hat, wird die Aufnahme direkt anschließend über ein zweites Bandgerät samt angeschlossenem Verstärker und Lautsprecher parallel zum ungestört weiter musizierenden Ensemble abgespielt, während die erste Maschine die so entstehende Überlagerung von Live-Musik und Tonbandzuspielung aufzeichnet. In das weiter spielende Ensemble blendet dann das zweite Gerät diese Mixtur aus Live-Musik und zugespieltem ersten Mitschnitt. Dieser protokollarische Vorgang von Aufzeichnung, Wiedergabe und neuerlicher Aufzeichnung und Wiedergabe wird mehrmals wiederholt, so dass sich das zuvor Gespielte und Gehörte mit dem augenblicklich Gespielten und Gehörten durchdringt. Die aktuellen Klänge und die ständig anwachsenden Ereignisse der Vergangenheit akkumulieren sich. Es kommt zu Additionen, Überlagerungen, Auslöschungen, Umgruppierungen. Vergangenes erscheint in neuem Kontext, Älteres wird durch Neues verdeckt, Späteres durch Voriges.

Die Differenzen zwischen aktuellem Klang, Nachklang, Echo des Nachklangs und Nachklang des Echos des Nachklangs … entsprechen den Diskrepanzen zwischen den sichtbaren Aktionen der Musiker und der tatsächlich hörbaren Musik. Auch durch die Aufstellung der Lautsprecher und deren völlig andere Abstrahlcharakteristik unterscheiden sich die wiedergegebenen Mitschnitte von der live gespielten Musik. Während die Reproduktionen nur stereophon über je einen links und rechts auf der Bühne postierten Lautsprecher erklingen, sind die zwei Schlagzeuger vor und hinter dem Auditorium und die vier Cellisten an allen vier Ecken quadrophon um das Publikum herum gruppiert. Wird das Stück nicht live aufgeführt, sondern nur als Aufnahme von CD oder im Radio gehört, nivellieren sich die unterschiedlichen Medien – Live-Klangerzeugung und Tonbandzuspielung – zu eindimensionaler Lautsprechermusik. Auch andere Stücke Mainkas erscheinen technisch reproduziert nur als tiefenamputiertes Flachbild eines in Wirklichkeit plastischen Gebildes.

Damit sich der Überlagerungsprozess nicht zu schnell zu allzu großer Komplexität verdichtet, wird er durch zeitweiliges Schließen der Aufnahme- und Widergabekanäle während der einminütigen Mitschnittphasen verzögert. Zwei Assistenten öffnen und schließen die Aufnahme- und Wiedergabekanäle nach exakten Partituranweisungen. Die ungewöhnlich homogene Besetzung mit vier Violoncelli und zwei Schlagzeugern hat zur Folge, dass sich die simultanen Klänge, Nachklänge und Nach-Nachklänge stark amalgamieren bis hin zu scheinbar realen Entsprechungen von live gespielten und zuvor mitgeschnittenen Aktionen. Zudem ereignen sich Parallelen und Substitute zwischen den Originalklängen der Musiker, also nicht nur zwischen den Originalklängen und ihren zeitlich verzögerten Tonband-Echos. Manche Ereignisse werden sogar live eins zu eins wiederholt. Zwischen Live-Wiederholungen und technischen Reproduktionen ist so kaum noch zu unterscheiden.

Mainka verwendet charakteristische, einprägsame Klänge. Den Anfang machen ein lautstarker Schlag und ein rasselnder Wirbel auf der Snaredrum, gefolgt von Repetitionen der Cellisten auf derselben Tonhöhe mit variierten Spieltechniken: legno saltando, mikrotonale Bebungen, polyrhythmisch gegeneinander versetzte Einsätze, re­gelmäßige Impulse abwechselnder Trommelschläge und Cellobatutti, flirrende Flageolett-Melodie in hoher Lage so­wie eine in Terzen und Sexten expressiv sich aufschwingende Cellokantile. Die Ereignisse haben einen hohen Wiedererkennungswert, so dass sie trotz ständig veränderter Kontexte auf den zugespielten Aufnahmen gut zu erkennen sind. Indes gleichen auch die meisten live-musizierten, weil repetitiv angelegten Aktionen Mitschnitten. Zum Beispiel wird ein einzelner Trommelschlag viel­fach wiederholt zur Schlagfolge oder zum Wirbel. Dasselbe gilt von Iterationsfolgen aus Pizzikati oder Saltandi. Neben diesen diachronen Vervielfältigungen gibt es auch synchrone. Bei Einstimmigkeiten und Unisono-Passagen aller vier Celli ist nicht mehr auszumachen, wer hier wen verdoppelt beziehungsweise wiederholt. Der Unterschied von Original und Kopie geht verloren.

So wie sich in René Magrittes „La condition humaine“ Wirklichkeit und Abbild durchdringen, fallen in Mainkas „Mitschnitt“ musikalische Echtzeit und elektronische Kopie zusammen. Und so wie Magritte die Malerei allegorisiert, schafft Mainka mit seiner immer weiter gedrehten Reproduktionsspirale eine Allegorie auf die grassierende Reproduktionskultur des zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhunderts. Wie zur letzten Verdeutlichung des Dualismus von Produktion und Reproduktion, Original und Kopie, Einmaligkeit und Duplikat, Echtzeit und Wiedergabe, startet in Takt 69 mitten im Publikum ein mobiler Kassettenrekorder mit der Wiedergabe einer ter­zen­seligen C-Dur-Klaviermelodie aus Tonika, Septakkord, Moll-Subdominante und Tonika-Schluss. Die schlechte Klangqualität der billigen Lautsprecher ist ausdrücklich erwünscht, denn sie unterscheidet die Kassettenzuspielung deutlich von allen anderen Mitschnitten. Zudem erscheint das kleine Fragment tonaler Musik in der sonst atonalen und teils geräuschhaften Komposition wie ein Sinnbild technisch reproduzierter Musik.

„Mitschnitt“ präsentiert Musik in der Musik. Einer Aufnahme in der Aufnahme folgt die Aufnahme der Aufnahme in der Aufnahme, dann die Aufnahme der Aufnahme der Aufnahme in der Aufnahme … et cetera. Die Musik verschachtelt sich. Eine Aufnahme steckt in der anderen, wie bei einer russischen Puppe. Mainkas Stück verweigert der Musik eine ihrer wesentlichen Eigenschaften, ohne die sich keine Musik entfalten und vollenden kann: Sie darf nicht verklingen. Die Reproduktionen berauben die Musik ihres Entfaltungsmediums in der Zeit. Indem die Apparaturen das Erklungene ständig gegenwärtig halten, wird dem Hörer die sonst aufzubringende Gedächtnis- und Syntheseleistung abgenommen. Erinnerung wird ersetzt durch technische Reproduktion. Aufzeichnungs-, Speicher- und Wiedergabemedien nehmen der Musik ihren Zeithorizont. Das Vergangene bleibt gleich präsent und schreibt sich in der Gegenwart fort. Kennt Musik aber keine Vergangenheit und kein Vergessen mehr, weil alles immer gleich gegenwärtig ist, so verliert sie auch ihre Präsenz im Hier und Jetzt und wird zum medialen Klangschattenspiel ihrer selbst.16

Musiktheater

„Show down – Musikalisches Szenario“ für einen Cellisten und Live-Elektronik mit Video (1996) entstand als einer von sechs Kompositionsaufträgen der Württembergischen Staatsoper Stuttgart zum Motto „6 x Blaubart“. Mit sechs zeitgenössischen Stellungnahmen sollten die in der vorangegangenen Spielzeit an der Staatsoper vorgestellten Opernversionen des Blaubart-Stoffs von Béla Bartók und Jacques Offenbach kommentiert werden. Wie die sechs Kammern von Herzog Blaubarts Burg, die alle ein eigenes Schicksal enthalten, sollten die neuen Musikthea­terproduktionen an verschiedenen Stellen des Stuttgarter Kammertheaters wie sechs verschiedene Bewusstseinsräume der Reihe nach vom Publikum durchschritten werden.

Mainka und sein langjähriger künstlerischer Partner, der Sounddesigner und Medientechniker Rainer Lorenz, entschieden sich statt der möglichen zwei Akteure nur für den Einsatz eines einzigen Solocellisten, um diesen mittels Live-Elektronik und Videoprojektionen mit seinem eigenen transformierten Selbst zu konfrontieren und damit die Beziehungslosigkeit des Dramas ausschließlich strukturell umzusetzen. Darüber hinaus enthält „Show down“ keinerlei Text oder Handlung, die mit dem Stoff und der Musik Bartóks oder Offenbachs in Verbindung gebracht werden könnten. Wie bei Herbert Wernickes Doppelinszenierung von Bartóks „Blaubart“ an der Amsterdamer und Frankfurter Oper 1994, bei der dasselbe Geschehen nacheinander aus der Sicht Blaubarts und Judiths gezeigt wurde, wollten Mainka und Lorenz die Möglichkeiten der audio- und videotechnischen Live-Elektronik nutzen, um „die Dinge gleichzeitig (!) aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten“: „Medien der elektronischen Reproduktion brechen den gerichteten Zeitverlauf auf, indem sie Vergangenes aktualisieren oder auch mit Hilfe vorproduzierten Materials in der Rea­lität noch zu erwartende Ereignisse antizipieren. Die Frage der Identität der Ereignisse aber wirft die neue Dimension auf im Vergleich mit traditionellen formbildenden Strukturen.“ 17

Form und Verlauf von „Show down“ werden bestimmt durch eine im Foyer des Stuttgarter Kammertheaters aufgebaute dreizehn Meter lange schräge Rampe. Statt ein eigenes Musiktheaterwerk zu gestalten, sollte an dieser Stelle des Gebäudes selbstreflektierend der Zugang zum Theater theatralisch gestaltet werden. Der Untertitel des Stücks „Zirkuläre Paraphrase linearer Progression“ benennt die Selbstbespiegelung des Cellisten durch Video, live-elektronische Samples- und Delay-Zuspielungen seines eigenen Spiels sowie die durch die abschüssige Bahn vorgegebene lineare Verlaufsrichtung, die der Medien­einsatz zirkulär paraphrasiert. Zu Beginn des Stücks besteigt der Cellist mit seinem Instrument einen auf der Rampe plazierten Schienenwagen, um auf diesem mittels eines computergesteuerten Elektromotors langsam die schiefe Ebene hinab zu fahren. Die Vorstellung von „Show down“ führt also tatsächlich abwärts. Sie ist wortwörtlich Show down. Zugleich spielt der Werktitel mit der Assoziation sich überschlagender Ereignisse am Ende eines Actionfilms, einer Revue oder Galavorstellung, wenn alles drunter und drüber geht.

Hinzu kommt ein Video, das auf eine Papierfläche am unteren Ende der Rampe gegenüber dem Cellisten projiziert wird. Es zeigt in einem vorproduzierten Film den Cellisten auf einem Kinderkarussell. Durch wechselnde Kombinationen von mal mitfahrender, mal statischer Kamera sind die Kreisbewegungen des Musikers aus verschiedenen Perspektivvarianten zu sehen. Gleichzeitig wird der Cellist mit einer Videokamera live beim Spielen frontal gefilmt und sein mediales Abbild ihm gegenüber auf dieselbe Papierfläche projiziert. Wenn sich der Cellist dann im Verlauf des Stücks mit dem Wagen der Kamera nähert, fährt er seinem eigenen filmischen Abbild entgegen. Während der letzten Takte steigert sich der Cellopart zu virtuosen Achtelläufen und werden über Lautsprecher Schlagzeugklänge zugespielt. Dazu klinken plötzlich die Bremsen des Wagens aus, so dass das Vehikel auf der verbliebenen Wegstecke frei beschleunigt und samt dem Cellisten mit Schwung durch die papierne Videoprojek­tionsfläche stößt. So öffnet sich am Ende von „Show down“ eine Türe zu einer der sechs Kammern Blaubarts. Zugleich kollidieren Realität und Abbild. Eine Wirklichkeitsebene fährt in die andere hinein beziehungsweise aus dieser hinaus.

Die Selbstbezüglichkeit der audiovisuellen Konstruk­tionen von Mainkas „Show down“ und anderen Werken seiner „Reproduktionen-Werkreihe“ ist keine autistische Selbstbespiegelung oder hermetisch-selbstverliebte Nabel­schau, wie sie der neuen Musik zuweilen vorgeworfen wird. Stattdessen ist Mainkas kompositorische Aus­ein­andersetzung mit den modernen Produktions-, Speicher- und Wiedergabemedien eine gesellschaftspolitische Konfrontation mit den durch diese Technologien geschaffenen Bedingungen, welche heute alle Lebensbereiche bestimmen und die Produktion, Distribution und Rezeption von Musik in einem Maße beeinflussen wie kaum etwas anderes. Musik ist längst zur perfekten Kopie ihrer selbst geworden, zum Simulakrum, zur zweiten Wirklichkeit, ­zur willkommenen Erweiterung der beschränkten menschlichen Sinne und zugleich zur behelfsmäßigen Prothese mit wegamputierten Erfahrungsdimensionen ohne wirkliches Eigenleben. Musik im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit bleibt nicht sie selbst. Und dieser Umstand verdient alle Formen der ernsthaften und auch spielerischen künstlerischen Auseinandersetzung.

1Italo Calvino, Die unsichtbaren Städte (1972), München: DTV, 1985, 129.

2Die drei Rabaue, in: Johannes Fritsch, Straßenmusik in Köln (1972), Köln: Feedback Studio Verlag, zweite Auflage, 2008, 72.

3Jörg Mainka, „Gibt es traditionslose Musik?“, in: MusikTexte 110, Köln 2006, 15–16.

4Ebenda, 11.

5Eine Aufnahme des Stücks erschien auf der Porträt-CD Jörg Mainka in der Reihe Edition Zeitgenössische Musik des Deutschen Musikrats im Label WERGO, Schott: Mainz 2003. Ebenfalls veröffentlicht sind hier Aufnahmen der im Folgenden besprochenen Stücke „Anschlags-Kultur“, „ = 100“, „La condition humaine“ und „Mitschnitt“.

6Vergleiche Rainer Nonnenmann, Arbeit am Mythos. Stu­dien zur Musik von Nicolaus A. Huber, Saarbrücken: Pfau, 2002, vor allem 75 und 76.

7Alle nicht weiter nachgewiesenen Äußerungen Jörg Mainkas gehen zurück auf ein Gespräch, das der Verfasser mit dem Komponisten am 26. Juni 2008 in der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin geführt hat.

8François Truffaut, Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? (1966), München: Heyne, 2000, 64.

9Vergleiche Fußnote 6, 12.

10Ein seit Mitte der achtziger Jahre verfügbares Computer-Soundprogramm der Firma Digidesign.

11Nicolaus A. Huber, „Politische Musik – Rhythmuskomposition. Entstehung und Technik“ (1983/1987), in: Derselbe, Durchleuchtungen. Texte zur Musik 1964–1999, herausgegeben von Josef Häusler, Wiesbaden: Breitkopf & Härtel, 2000, 224.

12Vergleiche Burghart Schmidt, Postmoderne Strategien des Vergessens. Ein kritischer Bericht, Frankfurt am Main: Suhrkamp, vierte Auflage, 1994, 134 und 135.

13Edition Zeitgenössische Musik des Deutschen Musikrats im Label WERGO, Mainz: Schott, 2003.

14Helmut Lachenmann, „Hören ist wehrlos ohne Hören. Über Möglichkeiten und Schwierigkeiten“ (1985), in: Derselbe, Musik als existentielle Erfahrung. Schriften 1966-1995, herausgegeben von Josef Häusler, Wiesbaden: Breitkopf & Härtel, 1996, 117.

15Mathias Spahlinger, „in dem ganzen ozean von empfindungen eine welle absondern, sie anhalten“ für Chorgruppen und Playback (1985).

16Vergleiche Rainer Nonnenmann, Musik des immerwährenden Imperfekts – Produktion von Musik durch Reproduk­tion ihrer selbst, in: Neue Zeitschrift für Musik, Jahrgang 169, 2008, Heft 4, 55–58.

17-Vorwort zur Partitur von „Show down“, 3. Eine nachträglich geschnittene Aufnahme der Uraufführung des Stücks erschien in der Reihe des Deutschen Musikrats Musik in Deutschland 1950–2000 unter der Rubrik Musik für Soloinstrumente 1990–2000, München: RCA Red Seal SONY/BMG, 2008.

Copyright der Notenbeispiele: Jörg Mainka, Berlin